Wesentliche Impulse für die Kinderphilosophie gingen von Amerika aus, wo seit Ende der 60-iger Jahre intensive Studien betrieben werden. Matthew Lipman, zwanzig Jahre lang Professor für Logik und Philosophie an der Columbia University (New York, USA), hat auf diesem Gebiet Pionierarbeit geleistet. Im Jahre 1968, während der Studentenunruhen, überlegte er, dass im Erziehungsbereich etwas Grundlegendes verändert werden sollte. Er erkannte, dass Kinder viele eigene Ideen, Fähigkeiten und Begabungen haben, neugierig und wissbegierig sind und viele Fragen stellen, doch das die natürliche Fragelust durch den künstlichen Fragezwang der Schule abgewürgt wird.
Lipman gründete 1974 das "Institute for the Advancement of Philosophy for Children" (IAPC) an der Montclair State University (New Jersey, USA). Matthew Lipman, Ann M. Sharp und zahlreiche Mitarbeiter:innen haben umfassende Curricula erarbeitet. Philosophische Kinder- und Jugendbücher wurden entwickelt, keine theoretischen Texte, sondern Geschichten, die sich mit den alltäglichen Lebenssituationen und Problemen der Kinder und Jugendlichen beschäftigen. Zu jedem dieser Bücher wurde ein Handbuch bzw. ein Manual für Erwachsene herausgegeben, das Erwachsenen hilft philosophische Inhalte zu erkennen und auf die philosophischen Dimensionen in den Fragen der Kinder eingehen zu können.
Philosophieren mit Kindern und Jugendlichen in österreichischen Schulen
1982 fanden die ersten Schulversuche "Philosophieren mit Kindern" in Österreich statt, Es waren die ersten Schulversuche auf diesem Gebiet in Europa. Kinder wurden ermutigt, über ihr eigenes Denken nachzudenken.
Der Gegenstand "Philosophie" ist dafür besonders geeignet, da Philosophie sich fachlich nicht eingrenzen lässt und Überschau und Tiefe bringt. Da Kinder und Jugendliche auf der Suche nach Ganzheit, Vollkommenheit und Verständnis sind, bietet die Philosophie einen Gegenpol zur Spezialisierung und zum Detailwissen der Schulfächer.
Schulklassen wurden durch den philosophischen Dialog in eine "Community of Inquiry" (Forschungsgemeinschaft) transformiert, um das kritische, kreative und einfühlsame ("caring") Denken zu fördern.
Beim Ansteuern der grundlegenden Lernziele
- Verbesserung der Sprachentwicklung
- Förderung des kritischen Denkens
- Förderung des einfühlsamen Denkens ("caring thinking")
- Entfaltung der Kreativität
- Förderung der Dialog-und Urteilsfähigkeit
- Förderung der Reflexionsfähigkeit
- Förderung des Demokratieverständnis
- Förderung der Resilienz
- Förderung der persönlichen und sozialen Entwicklung
- Förderung der Toleranz
- Förderung der Medienkompetenz - Medienethik bzw. Media Literacy
liegt die Betonung auf der Förderung des selbständigen Denkens (z.B. dem Begründen, Schlussfolgern, Planen, dem Erkennen von Voraussetzungen, dem Abschätzen von Konsequenzen usw.), der Förderung der Persönlichkeitsentwicklung und dem Herausbilden von sozialen Fähigkeiten.
Die "Kinderphilosophie" hat in den letzten Jahrzehnten bedeutende Grundlagen dafür geschaffen, um mit dem philosophisch−pädagogischen Prozess bereits in der frühen Kindheit zu beginnen − der darauf zielt, Kinder zur eigenständigen Entwicklung der Persönlichkeit, zur Problemlösungsfähigkeit, Selbstkritik, Konfliktfähigkeit und Empathie zu befähigen sowie bei der Entwicklung einer differenzierten Wahrnehmung zu unterstützen.
Philosophieren mit Kindern und Jugendlichen fördert Kompetenzen und Fähigkeiten, die unerlässlich sind, um unsere Zukunft gemäß einer „nachhaltigen Entwicklung“ zu erlangen. Es sind sowohl kognitive als auch soziale Kompetenzen: die Zukunft als eine Aufgabe des gemeinsamen Handelns zu erkennen, unsere Wahrnehmung von Realität und unsere Lebensweise kritisch zu analysieren, normatives Denken und Argumentieren, Paradigmen zu erkennen und die Fähigkeit, Alternativen zu berücksichtigen, ganzheitliches Denken und die Fähigkeit, am Dialog teilzunehmen.
In einer demokratischen Gesellschaft ist es unumgänglich Reflexionsfähigkeit und Aufklärungskompetenz zu fördern um jeden Einzelnen zu befähigen, sich im Leben durch Selbstdenken statt durch autoritäre Vorgaben zu orientieren.
"Philosophie und Demokratie rufen uns dazu auf, dass wir uns unseres Urteilsvermögens bedienen, dass wir die für uns beste politische und gesellschaftliche Organisationsform wählen, dass wir selbst unsere Werte erkennen, kurz gesagt, dass wir in umfassender Weise das werden, was jeder von uns ist, nämlich ein freier Mensch." Federico Mayor Generalsekretär der UNESCO
Institut für Kinder- und Jugendphilosophie
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